Geschichte der Fotografie

Nassplattenfotografie, eine kurze Anleitung

Stell dir vor, du wanderst mit Freunden auf den Gipfel eines nahe gelegenen Berges oder Hügels und möchtest den Ausflug auf Film festhalten. Heutzutage brauchst du nur eine kleine Kamera mitzunehmen und würdest danach den Film zum Entwickeln einsenden. Wenige Tage später erhältst du per Post die Negative und erste Abzüge zurück.

Aber wenn du mehr als 140 Jahre zurückgehen würdest – sagen wir, ins Jahr 1880 oder so – wäre die Geschichte ganz anders.

Zum einen hättest du es mit schweren Glasplatten zu tun. Die Kamera wäre schwer und unhandlich. Und wahrscheinlich würdest du mit Nasskollodiumplatten arbeiten, was bedeuten würde, dass du neben deiner Kamera und den Glasplatten auch eine komplette Dunkelkammer mit all ihren Chemikalien und ein ziemlich umfassendes chemisches Wissen mit dir herumtragen müsstest.





Damit nicht genug: Jedes Mal, wenn du ein Foto machen wolltest, musstest du dein Dunkelkammerzelt aufstellen, eine Glasplatte vorbereiten, sie belichten und entwickeln, solange sie noch feucht war.

Eine ausführliche Beschreibung, wie man Bilder mit dem Nassplattenverfahren macht, findest du in der folgenden Schritt-für-Schritt-Anleitung. Danach weißt du, was bei der Herstellung eines Kollodiumnegativs zu beachten ist.

Schritt 1: Beschichtung mit Kollodium

Der erste Schritt bei der Herstellung eines Kollodiumnegativs beginnt mit einer Lösung, die – wenig überraschend – Kollodium genannt wird.

Fotografisches Kollodium ist eine Mischung aus Rohbaumwolle (die mit Salpeter- und Schwefelsäure behandelt wurde), die in Ether und Alkohol gelöst ist und der ein wenig Jodid und Bromid beigemischt ist. Woraus es genau besteht, ist eigentlich nicht so wichtig – 1880 kann man es bereits gemischt kaufen. Wichtig ist nur, dass diese Lösung durchsichtig ist und an fast allem haftet.

Gieße das Kollodium auf eine Glasplatte und kippe dann die Platte, bis die gesamte Oberfläche mit der Lösung bedeckt ist. Gieße dann das überschüssige Kollodium zurück in seine Flasche.

Schritt 2: Eintauchen in Silbernitrat

Jetzt ist es an der Zeit, in die Dunkelkammer (oder, wenn du im Freien bist, ins Dunkelzelt) zu gehen.

Tauche die noch feuchte Platte in eine Lösung, die Silbernitrat enthält. Das Silbernitrat verbindet sich mit dem Jodid und Bromid zu einer lichtempfindlichen Silberhalogenidschicht.
Wische nun die Silbernitratlösung mit einem sauberen Tuch von der Rückseite der Platte ab.

Schritt 3: Platte in die Kamera

Setze die Platte noch in der Dunkelkammer in einen lichtdichten Halter ein, der so konstruiert ist, dass er in deine Kamera passt. Bring den Halter zur Kamera und setze ihn ein.

Die Silbernitratlösung wird aus dem Halter tropfen, auch wenn er in der Kamera ist. Das ist normal.

In der Halterung befindet sich ein Objektträger, der die Glasplatte abdeckt. Nimm den Objektträger heraus. Die Kollodiumplatte ist nun bereit für die Belichtung.





Schritt 4: Belichten

Belichte die Platte, indem du den Objektivdeckel abnimmst. So kann das Licht in die Kamera eindringen und auf das lichtempfindliche Kollodium treffen.

Belichte die Platte 20 Sekunden bis 5 Minuten lang (die Belichtungszeit hängt davon ab, wie schnell die Silberhalogenide auf Licht reagieren, wie viel Licht durch das Objektiv einfällt und wie viel Licht auf das Motiv trifft). Beende die Belichtung, indem du den Objektivdeckel wieder anbringst.

Setze den Schieber des Halters wieder ein. Der Halter kann nun sicher von der Kamera abgenommen und zurück in die Dunkelkammer oder das Dunkelzelt gebracht werden.

Schritt 5: Gieße den Entwickler auf

Nimm die Glasplatte aus dem Halter. Halte die Platte über eine Schale und gieße den Entwickler über die Platte. Der Entwickler ist eine Lösung aus Eisensulfat und Essigsäure. Er verwandelt die vom Licht getroffenen Silberhalogenidkörner in ein metallisches Silber.

Spüle die Glasplatte mit Wasser ab, um den Entwickler zu entfernen. Nun kannst du die Platte aus der Dunkelkammer nehmen.

Schritt 6: Fixieren der Platte

Die Körner des metallischen Silbers befinden sich noch auf der Platte, ebenso wie die nicht belichteten Silberhalogenidkörner. Entferne das unbelichtete Silberhalogenid, indem du die Platte in eine Schale mit Natriumthiosulfat legst, das als Fixiermittel dient.

Schritt 7: Waschen und Lackieren

Wasche die Platte ein letztes Mal in Wasser, um das Fixiermittel zu entfernen, und trockne sie dann.

Um das empfindliche Bild zu schützen, trage eine Lackschicht auf die Platte auf. Das Auftragen erfolgt auf die gleiche Weise wie das Auftragen des Kollodiums auf die Platte.

Zunächst erhitzt du die Flasche, die den Lack enthält, über einer Flamme. Erhitze auch die Glasplatte über einer Flamme. Wenn beide blutwarm sind, gießt du den Lack auf die Emulsionsseite der Platte, kippst die Platte, bis sie vollständig bedeckt ist, und gießt dann den Überschuss zurück in die Flasche.

Auf der Glasplatte ist ein Negativbild sichtbar. An den Stellen, an denen das Licht auf die Platte getroffen ist, befindet sich eine dunkle Silberschicht; an den Stellen, die nicht belichtet wurden, ist die Platte klar.

Schritt 8: Einen Abzug machen

Um einen Albuminabzug von einem Kollodiumnegativ zu machen, lege ein Blatt Papier auf eine Lösung von Albumin (Eiweiß), die ein Clorid enthält. Dann bitte trocknen.

Lege das Papier auf eine Lösung von Silbernitrat. Dadurch entsteht eine Silberchloridschicht. Erneut trocknen.

Richte das Negativ in einem Druckrahmen über dem Papier aus und lege beide in das direkte Sonnenlicht. Die Sonne wird das Bild abdrucken.

Wasche den Abzug mit Wasser und tone ihn dann mit Goldchlorid. Erneut waschen.

Fixiere den Abzug in Natriumthiosulfat, dann wasche ihn ein letztes Mal.

Der Abzug ist nun fertig.

Ich muß sagen, da gefällt mir der “moderne” Negativfilm in der Handhabung doch viel besser.

Beitragsbild: Mario Kuss, Eigenes Werk – CC BY-SA 4.0

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