
Fotografie auf Friedhöfen
Auf der Suche nach neuen Perspektiven: Meine Leidenschaft für Friedhofsfotografie
Wir Fotografen sind ständig auf der Suche nach neuen Motiven, um unsere Arbeit lebendig zu halten. Immer wieder dieselben Orte zu besuchen oder ähnliche Aufnahmen zu machen, kann auf Dauer monoton werden. Deshalb liebe ich es, auch mal abseits des Gewohnten nach Inspiration zu suchen – und genau da kommt ein eher ungewöhnliches Thema ins Spiel: Friedhofsfotografie.
Wenn ich erwähne, dass ich gerne Friedhöfe besuche, ernte ich nicht selten irritierte Blicke. Manche finden das morbide, andere sind schlichtweg befremdet – der Tod ist für viele ein unangenehmes Thema. Der Gedanke, einen Friedhof zu betreten, steht bei den meisten nicht gerade ganz oben auf der Liste ihrer liebsten Wochenendaktivitäten. Für mich aber ist ein Friedhof kein Ort des Schreckens – im Gegenteil.


Zwischen Kunst und Vergänglichkeit
Ich habe Friedhöfe nie als gespenstisch oder gruselig empfunden. Vielmehr sind es Orte voller Geschichte, Charakter und oft auch erstaunlicher Schönheit. Besonders ältere Friedhöfe ziehen mich an: kunstvoll verzierte Skulpturen, verwitterte Grabsteine, uralte Bäume, die zwischen den Reihen emporragen – all das ergibt eine fast meditative Kulisse. Friedhöfe haben eine besondere Atmosphäre, die sich fotografisch hervorragend einfangen lässt. Sie sind stille Orte des Innehaltens – fernab vom Lärm des Alltags.
Was mich besonders fasziniert, ist die Verbindung von Kunst und Vergänglichkeit. Viele der Grabmale und Skulpturen sind mit großem handwerklichen Geschick gestaltet worden – Werke, die ebenso gut in einem Museum stehen könnten. Doch hier, unter freiem Himmel, wirken sie ganz anders: gealtert, umgeben von Natur, teilweise vom Moos überzogen – sie erzählen Geschichten aus einer anderen Zeit.
Licht, Wetter und die Magie des Augenblicks

Licht und Wetter spielen bei der Friedhofsfotografie eine ganz zentrale Rolle. Während an sonnigen Tagen das Spiel aus Licht und Schatten die Konturen der Skulpturen betont und ihnen Tiefe verleiht, schafft diffuses Licht bei Nebel oder an bewölkten Tagen eine geheimnisvolle, beinahe träumerische Stimmung. Besonders reizvoll sind die frühen Morgenstunden oder das goldene Licht kurz vor Sonnenuntergang. Dann liegt ein besonderer Zauber über den Wegen, den Steinen, den Baumkronen.
Ich nehme mir viel Zeit, um das Licht zu beobachten. Wo fällt es durch die Äste? Welche Schatten entstehen auf den Inschriften? Wie verändert sich die Szene, wenn sich Wolken vor die Sonne schieben? Diese langsame, bewusste Wahrnehmung des Lichts verändert nicht nur das Foto – sie verändert auch meinen Blick auf den Ort.
Die Kraft der Reduktion: Warum ich in Schwarzweiß fotografiere
Der Großteil meiner Friedhofsfotografien entsteht bewusst in Schwarzweiß. Nicht aus Nostalgie, sondern aus einer gestalterischen Überzeugung. In der Reduktion auf Grauwerte liegt für mich eine besondere Kraft. Ohne die Ablenkung durch Farbe konzentriert sich der Blick stärker auf Formen, Strukturen, Lichtverläufe und Details – auf das Wesentliche.
Ein verwitterter Grabstein, die feine Maserung des Steins, das Spiel von Licht und Schatten auf einer Skulptur – all das tritt in Schwarzweiß klarer hervor. Die Reduktion lässt Raum für Interpretation und verleiht den Bildern eine zeitlose Qualität. Gerade in der stillen Umgebung eines Friedhofs wirkt diese Form der Fotografie für mich besonders stimmig und ausdrucksstark.

Die richtige Ausrüstung – dezent, lichtstark, unaufdringlich
Für meine Arbeit auf dem Friedhof nutze ich meist eine lichtstarke Optik im mittleren Brennweitenbereich. Oft genügt schon ein gutes Standard-Zoomobjektiv – bei mir hat sich das 24–70 mm f/2.8 als besonders vielseitig und zuverlässig erwiesen. Es erlaubt mir, sowohl weite Szenen als auch dezente Details festzuhalten, ohne durch häufiges Objektivwechseln unnötige Aufmerksamkeit zu erregen.
Gelegentlich greife ich auch zu einem leichten Teleobjektiv. Die damit entstehende Kompression der Perspektive verleiht bestimmten Motiven eine besondere Wirkung – etwa, wenn sich Grabreihen scheinbar verdichten oder Skulpturen vom Hintergrund gelöst erscheinen. Doch auch hier gilt: Weniger ist oft mehr. Die Kamera soll nicht dominieren, sondern das Sehen ermöglichen.

Ruhe, Respekt und ein achtsamer Umgang
Auch wenn das Fotografieren auf Friedhöfen für mich etwas zutiefst Ästhetisches und Meditatives ist, ist mir bewusst, dass dies Orte des Gedenkens sind. Menschen kommen hierher, um zu trauern, um zu erinnern – nicht, um Fotografen bei der Motivsuche zuzusehen. Deshalb steht für mich der respektvolle Umgang immer an erster Stelle.
Ich verhalte mich unauffällig, suche keine Sensationen, fotografiere keine anderen Besucher und halte mich fern von aktuellen Grabstätten. Namen auf Grabsteinen, sofern sie noch nicht historisch sind, versuche ich auszublenden – entweder bereits beim Fotografieren oder später in der Bildbearbeitung. Für mich geht es um die Atmosphäre, um die Stimmung des Ortes, nicht um individuelle Geschichten, denen ich nicht gerecht werden kann.
Der erste Schritt – direkt vor der Haustür
Der Einstieg in die Friedhofsfotografie muss nicht mit einer Reise zu bekannten historischen Ruhestätten beginnen. Ganz im Gegenteil: Oft liegen die eindrucksvollsten Motive direkt vor der eigenen Haustür. Jeder Ort hat seine eigene Geschichte – und meist auch einen alten Friedhof, der weit in die Vergangenheit reicht.
Es lohnt sich, diesen Orten mit Zeit und offenen Augen zu begegnen. Nicht jede Aufnahme muss spektakulär sein. Manchmal genügt ein schlichter Grabstein, ein Schattenwurf, ein verblasster Name – und daraus entsteht ein Bild, das mehr sagt als tausend Worte.

Bilder der Stille
Wer einen visuellen Eindruck davon bekommen möchte, wie ich Friedhofsfotografie sehe und umsetze, dem empfehle ich einen Blick in meine Galerie „Bilder der Stille“. Dort habe ich eine Auswahl meiner Fotografien zusammengestellt – Momentaufnahmen zwischen Licht und Stein, zwischen Erinnerung und Ruhe.
Die Galerie Bilder der Stille
Siehe auch: Mit Fotografie helfen: Fotoanfragen für „Find a Grave“ erfüllen

*Altglas, Objektive die aus der analogen Fotografie stammen und jetzt an digitalen Kameras adaptiert werden.


3 Comments
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Georg
Danke für den Beitrag. Es motiviert mich, mal selbst auf einem Friedhof zu fotografieren. Bisher habe ich das nicht getan, da ich der Meinung war, daß dieses veboten ist. Gibt es da keine Einschränkungen?
Jürgen
Georg, danke für deine Frage. Zum Thema „Fotografieren verboten“ wollte ich schon einen Blogbeitrag erstellen, doch war mir der Inhalt dafür zu kurz. Diese Frage kann ich kurzfristig nur mit „jein“ beantworten. Ich möchte diese Frage mal nicht nur eingeschränkt auf Friedhöfe, sondern auch auf andere Locations, versuchen zu beantworten. Es gibt keine allgemeinen Richtlinien, Verordnungen oder Gesetzte, die klar sagen wo es verboten ist zu fotografieren.
Meines Wissens gibt es aber ein Gesetz was klar definiert, was man fotografieren darf, die Panoramafreiheit (§ 59 UrhG). Sie erlaubt es Jedermann, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, durch Malerei, Foto oder Film zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstreckt sich diese Erlaubnis ausschließlich auf die äußere Ansicht!
Aber zurück zu deiner Frage. Grundsätzlich sollte sich jeder Fotograf, vor Besuch einer Location, über den jeweiligen Stand informieren. Zu den Friedhöfen in meiner Heimatstadt habe ich zum „Verhalten auf dem Friedhof“ in der Friedhofssatzung folgenden Paragraphen gefunden: Auf den Friedhöfen ist insbesondere nicht gestattet, …… Film-, Ton-, Video- und Fotoaufnahmen, außer zu privaten Zwecken, zu erstellen…. Aber, wie auch schon von mir im Beitrag beschrieben, steht dort auch: ….Jede Person hat sich auf den Friedhöfen der Würde des Ortes und der Achtung der Persönlichkeitsrechte der Angehörigen und Besucherinnen und Besucher entsprechend zu verhalten…. Also ja, es ist erlaubt privat zu fotografieren, solange man sich respektvoll verhält.
Ein kleiner Tipp: Es gibt viele Locations wo das Fotografieren eingeschränkt ist. Das muss aber nicht immer ein stricktes Verbot sein. Beispielsweise ist es in vielen Städten mit U-Bahnen nicht erlaubt dort mit Hilfe eines Statives zu fotografieren. Nach freundlicher Anfrage bekommt man aber recht einfach eine Genehmigung. Es geht selten um das Fotografieren selbst, sondern um die Einschränkung oder Behinderung seiner Mitmenschen.
Dank des Internet sind Regeln einzelner Orte schnell zu finden und eine freundliche Anfrage zur Genehmigung ist auch schnell gestellt.