Vinyl-Blog

Robert Cray – Strong Persuader: Blues mit Pop-Appeal

Es gibt Alben, die schaffen es, Brücken zu bauen – zwischen Genres, zwischen Generationen und manchmal sogar zwischen den Charts und den rauen Bars, in denen ihre Musik eigentlich zu Hause ist. Robert Cray – Strong Persuader ist so ein Album. 1986 erschien es und bewies, dass Blues auch im Mainstream bestehen kann – ohne seine Seele zu verlieren.

Meine Entdeckung von Robert Cray

Meine erste Begegnung mit Robert Cray liegt schon viele Jahre zurück. Bei einer Recherche zu Blues und seinen vielfältigen Variationen – damals noch über einen Streaminganbieter – stieß ich auf diesen Namen. Ich klickte mich neugierig durch, und Strong Persuader blieb sofort hängen. Nicht, weil es laut oder übertrieben war, sondern gerade, weil es leise überzeugte – im besten Sinne „strong persuader“.

Der Weg zu Strong Persuader

Robert Cray hatte sich vor diesem Album schon in Blueskreisen einen Namen gemacht – mit Werken wie Bad Influence und False Accusations. Doch Strong Persuader brachte den Durchbruch. Mitte der 80er war Blues im Radio eher eine Seltenheit; dominiert wurde die Szene von Pop, Rock und aufkommendem Hip-Hop. Nur wenige Bluesmusiker wie Stevie Ray Vaughan schafften es, Aufmerksamkeit über die eingeschworene Fangemeinde hinaus zu gewinnen. Am 17. November 1986 veröffentlichte Cray bei Mercury Records sein fünftes Album – und plötzlich war er in aller Munde.

Der Sound

Strong Persuader ist kein lautes Blues-Album. Es ist ein Werk voller Zurückhaltung, Klarheit und Präzision.

  • Gitarre: Crays Stil ist minimalistisch und effektiv. Statt endloser Solos setzt er auf kurze, pointierte Licks, die jedes Wort des Gesangs unterstreichen.
  • Gesang: Warm, leicht soulig, mit einer erzählerischen Qualität, die sofort fesselt.
  • Produktion: Bruce Bromberg und Dennis Walker schufen einen sauberen, druckvollen Sound – typisch für die 80er, aber ohne die synthetische Kälte vieler Produktionen dieser Zeit.

Das Ergebnis ist ein Blues, der modern klingt, ohne seine Wurzeln zu verleugnen.

Song-Highlights

  • „Smoking Gun“ – Die Hit-Single, die Cray erstmals in die US Top 40 brachte. Ein Kriminaldrama in Songform, getrieben von einem unwiderstehlichen Groove.
  • „Right Next Door (Because of Me)” – Eine Meisterklasse im Storytelling. Cray singt aus der Perspektive des „anderen Mannes“ – mit einer Mischung aus Stolz und Schuldgefühl.
  • „I Guess I Showed Her” – Lockerer Groove, ironische Texte, die fast schon Augenzwinkern im Rhythmus haben.
  • „Foul Play“ – Melancholisch und doch treibend, eine der unterschätzten Perlen des Albums.

Thematisch kreisen die Songs oft um Liebe, Untreue und Alltagsdramen – oft mit einem humorvollen oder ironischen Twist.

Erfolg & Wirkung

Mehr als 2 Millionen verkaufte Exemplare machten Strong Persuader zu einem der erfolgreichsten Blues-Alben der 80er Jahre. 1987 gewann Robert Cray dafür den Grammy für die „Best Contemporary Blues Recording“. Es war ein Beweis, dass Blues auch im Radio funktionieren kann – nicht durch Anpassung, sondern durch Authentizität und gutes Songwriting.

Warum es auch heute noch funktioniert

Strong Persuader klingt heute noch erstaunlich frisch. Vielleicht, weil es sich nicht anbiederte und keinen Modeeffekten hinterherlief. Es ist ein Album, das man laut hören kann, aber nicht muss – es entfaltet seine Wirkung auch leise. Auf Vinyl gespielt, entfalten die klaren Gitarrenläufe und die warme Stimme noch mehr Tiefe. Ein Glas Wein oder ein Espresso dazu – und man versteht, warum Cray ein „Überzeuger“ ist.

Vinyl-Ausgabe & Sammlerwissen

  • Originalpressung USA (Mercury – 830 568-1 M-1, 1986): RCA-Indianapolis-Pressung, schwarzes Standard-Vinyl, bedruckte Innenhülle mit Songtexten, hoher Sammlerwert in gutem Zustand.
  • Originalpressung Europa (Mercury – 830 568-1, 1986): Europäische Polygram-Pressung, oft mit dünnerem Coverkarton, mittel bis hoher Wert.
  • Kanadische Pressung (Mercury – M1 830 568, 1986): Leicht andere Cover- und Label-Farbgebung, mittlerer Wert.
  • Japanische Erstpressung (Mercury – 25PP-202, 1986): Top-Pressqualität, OBI-Streifen, japanische Liner Notes, hoher Wert in kompletter Ausführung.
  • US- und EU-Reissues (1990er–2000er): Dünneres Vinyl oder Remaster, teils veränderte Klangcharakteristik, eher für Gelegenheitshörer geeignet.

Kauftipps für Sammler – Robert Cray: Strong Persuader (Vinyl)

  1. Beste Wahl für Klangpuristen: US-Erstpressung 1986 (Mercury – 830 568-1 M-1) – warmes, unkomprimiertes Klangbild, schweres Vinyl, robustes Cover.
  2. Geheimtipp: Japanische Erstpressung 1986 (Mercury – 25PP-202) – exzellente Pressqualität, OBI-Streifen und japanische Liner Notes, selten und meist gut erhalten.
  3. Preisgünstige Alternative: Europäische Erstpressung 1986 (Mercury – 830 568-1) – klanglich nah an der US-Version, häufig moderat im Preis.
  4. Vorsicht bei Reissues: Spätere Pressungen (v. a. 2000er-Remaster) klingen oft heller und weniger warm. Für Sammler zweite Wahl, für Gelegenheitshörer jedoch in Ordnung.

Tipp: Achte beim Kauf auf den Zustand (Near Mint oder Mint) und darauf, dass das Original-Inlay mit Songtexten vorhanden ist – das steigert sowohl den Wert als auch den Hörgenuss.

Für Blues-Neulinge ist Strong Persuader ein perfekter Einstieg – eingängig, aber tiefgründig. Für erfahrene Hörer ist es eine Erinnerung daran, dass auch in den 80ern abseits von Pop-Hits musikalische Meisterwerke entstanden. Robert Cray hat mit diesem Album nicht nur seine Karriere definiert, sondern auch eine Blaupause geliefert, wie man Tradition und Moderne elegant miteinander verbinden kann.

Album auf Spotify anhören

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