
Ein Lieferwagen voller Geschichten – Mark Knopflers Privateering auf Vinyl
Wenn man das Album Privateering von Mark Knopfler auflegt, spürt man sofort: Hier erzählt jemand Geschichten, die Zeit und Raum brauchen. Kein schnelllebiges Popalbum, sondern ein Werk, das sich langsam entfaltet – so wie ein guter Wein, den man in Ruhe genießt. Für Vinyl-Sammler ist dieses Doppelalbum von 2012 ein echtes Erlebnis.
Ein Stück musikalische Reife
Mark Knopflers Weg als Solokünstler begann bereits 1996 mit dem Album Golden Heart. Nach Welterfolgen mit den Dire Straits zeigte er schon damals, dass er mehr wollte als Hits für das Radio. Es folgten Alben wie Sailing to Philadelphia (2000) und Shangri-La (2004), die seine Liebe zu Folk, Country und Blues immer stärker in den Vordergrund rückten.
Mit Privateering, seinem siebten Soloalbum, wagte Knopfler schließlich ein Doppelalbum – ein Format, das Raum für Vielfalt bietet. Und genau das macht den Reiz aus: 20 Songs, die wie kleine Kurzgeschichten wirken, jede mit ihrer eigenen Stimmung und Klangfarbe.
Klangliche Reise zwischen Folk, Blues und Celtic
Privateering ist kein Album, das auf schnelle Wirkung setzt. Es lebt von seiner Zurückhaltung und der Finesse im Detail. Knopflers unverwechselbares Gitarrenspiel ist nie laut, nie aufdringlich – es ist wie ein vertrauter Erzähler, der einem leise ins Ohr spricht.
„Redbud Tree“ eröffnet das Album sanft und lyrisch – ein ruhiger Einstieg, der sofort zeigt, wohin die Reise geht.
„Haul Away“ klingt fast wie ein altes Seemannslied, tief verwurzelt in britischer Folk-Tradition.
„Dream of the Drowned Submariner“ ist düster, intensiv und voller Bilder, die beim Hören vor dem inneren Auge entstehen.
„Yon Two Crows“ vermittelt diese typische Knopfler-Atmosphäre: leicht melancholisch, voller Beobachtungsgabe.
Die Mischung aus Folk, Blues, Country und keltischen Einflüssen macht das Album zu einem facettenreichen Werk, das man am besten als Ganzes erlebt.
Die Vinyl-Ausgabe – ein Hörgenuss
Auf Vinyl entfaltet Privateering eine besondere Wirkung. Das Doppelalbum bietet den Songs genug Platz, um dynamisch zu atmen. Die Pressqualität ist hervorragend – klare Höhen, satte Mitten und eine Wärme, die Streaming oder CD kaum erreichen.
Auch optisch überzeugt das Album: Das Cover zeigt einen alten, defekten Lieferwagen – ein Bild, das wie ein Sinnbild für Knopflers Musik wirkt. Nicht Hochglanz, nicht poliert, sondern ehrlich, geerdet und voller Geschichten. Genau das spiegelt sich auch in den Songs wider.
Ein Werk zum Zuhören
Im Gesamtwerk Knopflers nimmt Privateering einen besonderen Platz ein. Es ist kein Album voller Hits, sondern eine Sammlung von Geschichten, die Ruhe und Aufmerksamkeit verlangen. Gerade deshalb entfaltet es seine Stärke: Wer sich darauf einlässt, wird belohnt mit feinen Arrangements, poetischen Texten und einer Atmosphäre, die man kaum in Worte fassen kann.
Privateering ist ein Album, das man nicht nebenbei hört. Es ist Musik für Momente, in denen man Zeit hat – vielleicht an einem späten Abend, mit einem Glas Wein und gedimmtem Licht. Auf Vinyl kommt all das noch stärker zur Geltung: die Wärme, die Tiefe, die handwerkliche Perfektion.
Für mich gehört dieses Doppelalbum zu den Höhepunkten von Mark Knopflers Solokarriere. Nicht, weil es spektakulär wäre – sondern weil es so leise, behutsam und gleichzeitig meisterhaft erzählt. Genau das macht es so besonders.

