Vinyl-Blog

Even in the Quietest Moments … – Supertramp zwischen Stille, Klang und Konzeptkunst auf Vinyl

Manche Alben sind wie alte Freunde. Sie tauchen nicht ständig auf, aber wenn sie es tun, ist es immer etwas Besonderes. „Even in the Quietest Moments …“ von Supertramp kannte ich eigentlich schon immer – irgendwie war es immer da, sei es durch Radio oder Gespräche mit Freunden. Doch so richtig neu entdeckt habe ich das Album erst bei Rainer in der Schallzentrale in Göttingen. Zwischen hunderten von Platten stach mir das ikonische Cover mit dem von Schnee bedeckten Klavier sofort ins Auge. Ich nahm sie mit – und was soll ich sagen? Ich wurde nicht enttäuscht.

Zwischen Softrock, Progressivität und emotionaler Tiefe

Das Album erschien 1977, eine Zeit, in der sich die Rockmusik im Wandel befand. Supertramp war bereits mit Alben wie „Crime of the Century“ bekannt, hatte aber den ganz großen internationalen Durchbruch noch vor sich. „Even in the Quietest Moments …“ markiert eine spannende Zwischenphase: weniger düster als frühere Werke, noch nicht ganz so poppig wie das spätere „Breakfast in America“. Es ist ein Album mit Tiefgang – musikalisch wie textlich – das gerade auf Vinyl seine volle Wirkung entfaltet.

Track für Track – ein Hörerlebnis

Give a Little Bit eröffnet das Album auf beinahe unspektakuläre, aber sehr charmante Weise. Die Akustikgitarre, der warme Gesang, der einfache Refrain – es ist ein Song, der sich sofort im Ohr festsetzt. Auf Vinyl klingt er besonders lebendig, fast greifbar, als würde Roger Hodgson direkt im Wohnzimmer sitzen.

Der Titeltrack Even in the Quietest Moments ist mein persönliches Highlight. Ein melancholisch-schöner Song mit einem ausgedehnten Piano-Intro, das auf Schallplatte eine ganz besondere Atmosphäre schafft. Man hört das Atmen zwischen den Tönen, die leisen Details, das langsame Wachsen der Komposition.

Dann kommt Fool’s Overture – ein fast elfminütiges Meisterwerk. Kirchenorgel, Soundcollagen, Churchill-Zitat, sinfonische Elemente: Hier vereinen sich Experimentierfreude, politische Symbolik und musikalisches Können zu einem epischen Finale der Platte. Diese Dynamik kommt auf Vinyl in ihrer vollen Bandbreite zur Geltung – digital klingt das oft flacher.

Auch die anderen Songs wie Downstream (ruhig und introspektiv), Babaji (spirituell angehaucht) oder From Now On (melancholisch und hymnisch) zeigen die Vielseitigkeit der Band.

Das Cover: Kunst mit Augenzwinkern

Das Albumcover ist ikonisch – ein Klavier mitten im Schnee vor einer majestätischen Bergkulisse. Auf dem Notenständer liegt tatsächlich das Notenblatt zu „Fool’s Overture“, fein säuberlich notiert. Es wirkt fast surreal, wie dieses Piano einsam im Freien steht – eine Szene voller Stille, Weite und Symbolik. Das Bild lässt Raum für Interpretationen: Ist es eine Hommage an die Ruhe vor der musikalischen Wucht des Albums? Oder ein Sinnbild für den Kontrast zwischen Natur und Kunst? So oder so: ein starkes visuelles Statement, das perfekt zur Musik passt.

Warum dieses Album (auf Vinyl)?

„Even in the Quietest Moments …“ ist ein Album für stille Stunden, aber auch für große Emotionen. Es hat Tiefe, Charme, Humor und musikalische Qualität. Gerade auf Schallplatte entfaltet es seinen Charakter voll und ganz – mit Raum, Atmosphäre und Zeit zum Zuhören. Es ist eines dieser Alben, die man nicht nur hört, sondern erlebt.

Und manchmal, ja manchmal, brauchen wir genau solche ruhigen Momente – mitten im Lärm der Welt.

Album auf Spotify anhören

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