Berühmte Fotos: Das Pferd in Bewegung
Im Jahr 1878 schuf Eadweard Muybridge eines der revolutionärsten Werke der Fotografiegeschichte: «Das Pferd in Bewegung» (The Horse in Motion). Dieser ikonische Moment war nicht nur ein bedeutender Meilenstein in der Fotografie, sondern legte auch den Grundstein für die Entwicklung der Bewegtbildtechnik, die später zum Film führen sollte.
Die Frage, die alles veränderte
Die Geschichte hinter diesem berühmten Foto beginnt mit einer Debatte, die im 19. Jahrhundert in der Welt der Pferderennen weit verbreitet war: Heben alle vier Beine eines Pferdes im vollen Galopp gleichzeitig vom Boden ab? Damals war es für das menschliche Auge unmöglich, diese schnelle Bewegung genau zu erfassen, was zu zahlreichen Spekulationen führte. Leland Stanford, ein wohlhabender Geschäftsmann und Pferdezüchter aus Kalifornien, war entschlossen, diese Frage zu beantworten und engagierte Eadweard Muybridge, einen innovativen Fotografen und Pionier auf dem Gebiet der Bewegungsfotografie.
Die Technik hinter dem Erfolg
Muybridge nahm die Herausforderung an und entwickelte eine aufwendige Anordnung von Kameras, um die Bewegung eines galoppierenden Pferdes in einer Serie von Fotos festzuhalten. Er stellte 12 Kameras entlang einer Rennbahn auf, die durch Auslöser aktiviert wurden, als das Pferd, „Sallie Gardner“, an ihnen vorbeigaloppierte. Die Belichtungszeit war extrem kurz, um die schnelle Bewegung scharf einzufangen – für die damalige Zeit eine technische Meisterleistung.
Als die Fotos entwickelt wurden, zeigte sich die Antwort: Tatsächlich hebt ein Pferd im vollen Galopp alle vier Beine gleichzeitig vom Boden ab. Dies geschieht jedoch nicht in der gestreckten Position, wie viele Künstler es zuvor dargestellt hatten, sondern im Moment, in dem die Beine des Pferdes unter seinem Körper zusammengezogen sind.
Die Auswirkungen auf Kunst, Wissenschaft und Film
Muybridges Serie von Fotos war mehr als nur eine Antwort auf eine wissenschaftliche Frage. Sie führte zu einem grundlegenden Wandel in der Art und Weise, wie Bewegung wahrgenommen und dargestellt wurde. Diese präzisen Studien der Bewegungsabläufe beeinflussten Künstler, Wissenschaftler und Erfinder gleichermaßen.
Für die Kunstwelt bedeutete Muybridges Arbeit eine neue Perspektive auf die Darstellung von Bewegung. Maler wie Edgar Degas und später auch die Futuristen nutzten Muybridges Fotografien, um ihre eigenen Werke dynamischer zu gestalten.
In der Wissenschaft lieferte Muybridge der Physiologie wertvolle Daten über Bewegungsabläufe, die zuvor unzugänglich waren. Seine Arbeit legte den Grundstein für die Kinematographie, die schließlich zur Entwicklung des modernen Films führte. Muybridge selbst entwickelte später den Zoopraxiskop, eine frühe Form des Filmprojektors, um seine Bewegungsstudien einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
Ein Meilenstein der Fotografiegeschichte
«Das Pferd in Bewegung» bleibt ein Meilenstein, der die Grenzen der damaligen Technologie sprengte und die Welt der Fotografie, Kunst und Wissenschaft maßgeblich beeinflusste. Muybridge bewies, dass die Fotografie nicht nur ein Mittel war, um die Welt festzuhalten, sondern auch, um Fragen zu beantworten und das Unsichtbare sichtbar zu machen. Seine Arbeit zeigte, wie Fotografie eine Brücke zwischen Kunst und Wissenschaft schlagen kann, und veränderte die Art und Weise, wie wir Bewegung wahrnehmen – ein Durchbruch, der die Geburtsstunde des Films einläutete.
Mit diesem bahnbrechenden Werk legte Muybridge den Grundstein für die Entwicklung der Bewegtbildtechnik, die bis heute als eine der wichtigsten kulturellen und technologischen Errungenschaften der Moderne gilt.